Herbst-Kletter-Auszeit in und um Podlesice, Polen.
Kurzentschlossen ins polnische Jura... im Umkreis von 2o (Fahrt)Minuten 4000 Kletterrouten in allen Schwierigkeitsgraden, harter Kalkstein, excellent ausgebaut und komfortabel geschraubt für alle Ansprüche.
Um ehrlich zu sein, hatten wir Polen nicht unbedingt als ein derartiges Kletterparadies auf dem Plan und waren mehr als überrascht, hier einen Felsen nach dem nächsten in engster Umgebung zum wunderbaren Hostel #trafobasecamp zu finden. Jetzt, kurz vor der Abreise fragen wir uns, wie es sein kann, dass es nicht haufenweise polnische Kletterer an der Weltspitze zu finden gibt, denn den hier zu findenden harten Kalk zu klettern braucht ein paar Routen Eingewöhnung, liebe zu technischem Klettern und gute Fußarbeit... (Auf Schmierseife zu stehen muss man wirklich lieben lernen.)
Marcin vom TRAFO BASECAMP kannten wir von der Outdoor in Friedrichshafen, wo er für sein Label Milo Sportswear unterwegs war. Gleich neben dem Basecamp deshalb ein nettes Lädchen mit allem, was das Klettererherz begehrt (natürlich auch die Milo-Kollektionen), eine kleine Kneipe, in der wir die Stunden des Regens kuschlig auf einer Couch verbracht haben, immer neue von unzähligen Sorten polnischen Bieres oder Säften gekostet und uns mit guten Suppen und köstlichen regionalen Gerichten gestärkt haben sowie ein Boulderraum.
Das Hostel schlicht, ergreifend, gemütlich... alles, was man braucht und dazu originell... der hauseigene Tischlermeister hat dafür gesorgt, dass nichts hier nur einfach nützlich ist, sondern auch wirklich schön.
Wenn man dann nach einem reichlichen Frühstück, einem Schwatz mit Marcin und den besten Tipps für den Tag das Basecamp verlässt, muss man nicht einmal unbedingt das Auto nehmen, um an einem Felsen zu landen, der ganz sicher Tagesaufgabe genug ist. Eine Viertelstunde Laufzeit (selbst für Kletterer erträglich) oder eben ein wenig Fahrtzeit mit dann ähnlicher Zustiegszeit zu den weiter entfernten Felsen bringt dich fast immer zu einem Abenteuerspielplatz...
Die Reibungsplatten sind gewöhnungsbedürftig weil wirklich sehr spärlich bestückt, Kamine, Risse, Verschneidungen...alles ist machbar. Immer gut dabei: die Fußarbeit, ohne die nix geht. Und selbst ohne Regen, den wir jetzt im Herbst leider öfter als gewollt dabei hatten, ist das Schmierseifengefühl immer mal mit von der Partie. Da aber alles wunderbar abgesichert ist und man eh die Qual der Wahl und viel zu wenig Urlaub für viel zu viele Routen hat, spielt das alles keine Rolle.
Wir haben die wenigen Tage genutzt, um eine Vorstellung vom Fels zu bekommen und uns einige Projekte anzusehen, die für eine nächste Auszeit im nächsten Jahr taugen. Zum Lust-Machen in der Galerie ein Haufen Fotos wunderbarer Kletterlocations... viele davon hat uns Marcin auf einer wilden 2stündigen Fahrt mit dem Jeep durch Polens Wälder gezeigt... nie hätten wir die allein gefunden. Viele davon eh nur Projekte heimischer Kletterer und nicht annähernd machbar... Marcin berichtete von einem Schrauber, der im letzten Jahr 300 Routen neu erschlossen hat... ein Mammutprojekt, wenn man die Routen näher betrachtet.
Unvergleichlich die Fülle, die wunderbare Lage und die leichte Erreichbarkeit... das gepaart mit polnischer Freundlichkeit und einem nicht halb so langen Anfahrtsweg wie in ähnlich ausgebauten (aber unvergleichlich überlaufeneren... wir hatten heute 70 Routen nur für uns und es war SAMSTAG) beliebten Kletterregionen südlich sollte Grund genug sein, herzukommen.
Noch im Oktober werden wir eine Tour für kommendes Jahr anbieten... vermutlich nun doch September...wir haben Temperaturen, Nässe, Ferienzeiten und natürlich die Verfügbarkeit des Hostels in einen Topf geworfen und den September als idealen Monat als Ergebnis gehabt. So wird es dann wohl auch sein. Anreise privat, die Klettertouren an die von uns in diesem Jahr getesteten Felsen gemeinsam (... die Routen frei gewählt) Material für die Selbstsicherung (auch solche Routen gibt es) , Tipps und Unterstützung, Mehrsseillängeprojekte etc. natürlich inbegriffen... Aber wie ihr outside aktiv ja kennt... Vorstiege sind Ehrensache und selber zu machen... viele der Projekte können allerdings auch gut von oben eingehängt werden, sodass Raum zum Üben bleibt...
Alles in allem ein ziemlich glückseeliges Saisaon-Finale für dieses Jahr, es sei denn, der Herbst wird goldener als gedacht... auch wenn uns Marcins Parole "Ihr seid doch nicht aus Zucker" und 4 Tage Regen-Wind-Kletterei etwas härter gemacht haben und es ab und an keine Rolle mehr spielte, wenn man die Finger am Ende einer Route nicht mehr wirklich spüren konnte.